Vorab schreibe ich ein paar Zeilen dazu, wie Tiere, besonders Hunde mein Leben begleiten.
Tiere gehörten schon in frühester Kindheit zu meinem Leben.
Ich wuchs bis zu meinem 6. Lebensjahr auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf heran.
Mein Vater war Jäger und züchtete Deutsch – Kurzhaar. Schon als kleine Mädchen saß ich Stunden vor der Welpenkiste und beobachtete und streichelte die süßen Knäule.
Dann zogen wir in eine Kleinstadt und mit der Hundezucht war es leider vorbei, aber ein Jagdhund begleitet auch hier unsere Familie. Für mich war es auch mit 10 Jahren sehr schwierig mit unserem Hund spazieren zu gehen, denn der Jagdtrieb dieser Hunde ist sehr stark und so manches mal entrissen sie mir die Leine um in der Feldmark, einen Hasen zu verfolgen. In diesen Jahren liefen die Lassie – Serien im Fernsehen und ich träumte davon dass auch Esta einmal so ruhig neben mir hertrotten würde. Leider blieb es ein Traum, denn der Jagdtrieb bleibt bei bestimmten Rassen für immer.
1972 lernte ich meinen Mann kennen und, wie sollte es anders sein, er ist Landwirt mit einem Herz für Tiere.
1974 im Dezember wurde unser Sohn Marcel geboren und bekam von seiner Patentante Annegrete im Frühjahr 1975 einen Welpen geschenkt, der ihn beschützen sollte.
Es war ein reinrassiger Colliewelpe der uns schon sehr früh seine Intelliegenz zeigte und genau wusste was seine Aufgabe war. Wo der Kinderwagen stand, war unsere Minka und bewachte das Kind, ohne aber jemals jemanden „anzufassen“. Jeder durfte Marcel anschauen oder auch auf den Arm nehmen aber war sie alleine mit ihm draußen gab Minka sofort Laut, wenn ein „Fremder“ kam. Lief Marcel später mal alleine zu den Nachbarskindern (wir wohnten in einer Sackgasse) oder ging zu dicht an den Fluss vor unserem Haus, holte Minka sofort jemanden von uns raus, damit wir schauten ob alles okay ist.
Und dann 1976 kam es in unserem Leben zu einer einschneidenden Wende. Ich hatte einen schweren Autounfall, bei dem unser Sohn „Gott sei Dank“ nur leicht verletzt wurde. Ich verletzte mich an der Wirbelsäule und habe seit dem eine Querschnittslähmung. Nach 7 Monaten in Krankenhäusern in Kiel, Lichtenau und Hamburg wurde ich im Oktober als rehabilitiert aber ab jetzt ständig auf den Rollstuhl angewiesen entlassen. Eines hatte ich gelernt, ich musste den Rollstuhl als Hilfsmittel akzeptieren um aus meiner Situation das Beste zu machen. Mein Leitsatz
„ ES GIBT SCHLIMMERES “!
Die ganze Familie stand hinter mir und nach dem rollstuhlgerechten Umbau von unserem Hof konnte ich wieder viele Dinge, vom Rollstuhl aus, erledigen.
Unsere Colliehündin Minka hatte ab jetzt eine Zusatzaufgabe. War ich mit dem Auto (was für mich umgebaut wurde) unterwegs, bewachte sie den Rollstuhl der in der Garage stand (im Auto hatte ich einen zweiten), bis ich zurückkam. Ab 1978 wurde der Rollstuhlsport für mich sehr wichtig. Ich spielte Basketball bis zur 2. Bundesliga und lernte dabei Leute und Länder kennen. Zuerst hatte Minka ein Problem damit, denn sie war es nicht gewohnt das ich nachts nicht nach Hause kam. So manche Nacht verbrachte sie in der Garage und bewachte den Rollstuhl.1979 wurde unser 2.Sohn André geboren und Minka übernahm wieder die Wache am Kinderwagen. Wenn Schulkinder Marcel besuchten und es kam zu Streitigkeiten stand Minka dazwischen und bellte so laut das die Kinder sich ganz schnell wieder vertrugen und ruhig weiterspielten. Manchmal griffen wir auch ein und sagten zu Minka das alles in Ordnung sei, aber der Collie ist eben ein Hütehund und Minka behütete ihre Familie mit Adlersaugen, ohne ihre Zähne einzusetzen.
1983 wurde unsere Tochter Janine geboren und an so manchen Nachmittagen wurde es für unsere Minka schwierig 3 Kinder zu bewachen. Meistens war sie in der Nähe der Kleinsten, als wüsste sie das diese ihren Schutz am meisten brauchte. Wenn aber Marcel am Nachmittag Kühe holen ging lief sie sofort mit um ihn vor den großen Tieren zu beschützen.
Ja, das ist der Unterschied zwischen Border – Collie und Collie – Langhaar. Der Border treibt die Herde aus Beutetrieb und der Collie treibt die Kühe vor seinem „Herrchen“ her um den Menschen zu schützen.
1988 war ein trauriges Jahr, den wir mussten unsere Minka für immer gehen lassen. Unsere Herzen bluteten sehr den sie war ein fester Teil unserer Familie und nun war ihr Platz für immer leer.
Unser Dackel-Schnauzer- Mix Balu, der vor einigen Jahren als Zweithund bei uns eingezogen war, war zwar eine treue Seele aber unser Herz hing nun mal an der Rasse Collie. Balu übernahm die Rollstuhlwache in der Garage so gewissenhaft, dass sich da keiner rantraute wenn ich weg war, aber Hütehund für die Kinder wurde er nie und das schmusen und kuscheln liebte er gar nicht.
Ab 1993 machten wir uns wieder auf die Suche nach einem „neuen“ Collie. Ausschlaggebend dafür war unser Sohn Marcel, der jetzt selber Geld verdiente und sich unbedingt wieder einen Collie kaufen wollte. Eigentlich sprach er mir aus der Seele, den die Sehnsucht nach einem Collie war auch in mir sehr groß.
Endlich fanden wir die Adresse von einem Colliezüchter in einer Hundezeitschrift. Als ich anrief erfuhr ich das er z.Z. Welpen hatte aber das war über 150km von uns entfernt. Alle Versuche in der Nähe Colliewelpen zu finden schlugen fehl und so fuhr ich im März mit Marcel zu Herrn Schöbel nach Wistedt.
Dort kam uns nicht nur ein Welpe vor Freude bellend entgegen, sondern auch Mama-, Papa-, Oma-, Tante-, Onkel-Collie und einige andere Anverwandte und mittendrin der Y-Wurf. Die Entscheidung war nicht ganz leicht, aber die kleine Yella sprang Marcel immer an als wollte sie sagen: „Nimm mich“ !
Wir konnten sie aber nicht gleich mitnehmen da sie noch zu jung war aber Pfingsten 1994 war es endlich so weit und Yella zog bei uns ein.
Hätten wir uns doch schon früher wieder einen Collie geholt, dann hätten wir die Trauer über Minka´s Tod vielleicht leichter überwunden.
Yella sollte zwar „nur“ ein Familienhund werden aber auf einer Ausstellung vorführen wollten wir unseren ganzen Stolz, unsere Yella doch gerne mal.
Auch ich schaffte es Yella im Schauring vorzuführen, man war ich stolz, wieder etwas, das ich auch im Rollstuhl konnte.
Ein neues Stück Lebensqualität war geschaffen.
Wegen der sehr guten Ausstellungserfolge riet man uns Yella zur Zucht zuzulassen.
Konnten WIR – ICH das schaffen ?
ZÜCHTEN ?
Aber auch nun standen unsere, inzwischen großen, Kinder hinter mir, denn ganz ohne Hilfe würde es sicher nicht gehen. Mein Mann war mit Hof und Tieren ausgelastet, wäre aber im Notfall auch bereit mit einzuspringen.
Also los „ Auf in den Kampf “ gegen DAS SCHAFFE ICH NICHT oder das kann ich nicht ! Denn, was man nicht versucht hat, kann man nicht können und das Wohl der Welpen war ja sichergestellt.
Ja zur Zucht hieß für mich auch ja zur Erhaltung der Rasse, zur Erhaltung der „ Linie.“ Und ich wollte versuchen Welpen zu züchten, die im Wesen geeignet sind, auch behinderten Menschen neuen Lebensmut zu geben.
Wer einmal einen Collie gestreichelt hat und in seine dankbaren Augen sah, weiß was ich meine. Dieses Gefühl von Nähe, Wärme und Liebe die einem der Collie zurückgibt, bringt wärme ins Herz des Menschen und Kraft den neuen Tag zu beginnen.
Die Bedingungen des VDH / FCI / CfbrH an den Hund, den Züchter und die Zuchtstätte (Zwinger) konnten wir ohne Schwierigkeiten erfüllen und auch der Name für die Zuchtstätte war schnell gefunden. Die Welpenkiste wurde (z.T. von mir selbst) so gebaut, dass sie nicht nur den Bedingungen vom Club entsprach und für die Aufzucht ideal ist, sondern auch ich von Rollstuhl aus die Felldecken alleine wechseln konnte und an die Welpen gut heran komme.
Nun konnte die Zucht beginnen. Als Yella läufig wurde fuhren wir mit ihr zu „ Collie Bay Mr. Tipps “ zum decken. Diesen Züchter hatte uns Herr Schöbel empfohlen, denn von der Vererbungslehre versteht er viel mehr, als manch anderer Züchter, als ich, „Neuling“.
Yella wurde dieses mal leider nicht tragend, wir waren sehr traurig aber Familie Röpke, die Rüdenbesitzer ließen „Nancy“, eine Verwandte von Yella, von Mr.Tipps decken und gaben sie für einen Wurf in unsere Obhut. Sie hatten vollstes Vertrauen in meine Fähigkeiten, obwohl ich im Rollstuhl sitze.
Am 4.10.1996 wurde unser A-Wurf geboren.
Mit Hilfe unserer Tochter Janine als „Protokollführerin“ und meiner Unterstützung brachte Nancy 4 Welpen zur Welt.
Am liebsten hätten wir alle behalten und ich konnte mich kam von der Welpenkiste losreißen, Kindheitserinnerungen wurden wach, ich könnte stundenlang von den Geschehnissen in der Wurfkiste berichten.
Aika eine tricolour Hündin blieb bei uns und bereicherte mein Leben noch mehr. Mit Aika besuchten wir auch Hüteseminare denn sie sollte auch zum Rinderhüten auf unserem Hof eingesetzt werden. Leider kam es nicht erst dazu, weil Aika schon mit 2 Jahren, durch einen Unfall, starb. Traurig nahmen wir Abschied war das Hundezucht ? Wollte ich das ? Züchten, neuem Leben auf die Welt helfen um es dann wieder herzugeben, in den Tod ?
Wir kannten es ja eigentlich das Tiere sterben oder tot geboren werden aber bei unseren Hunden war das plötzlich was ganz anderes. Doch, ich erinnerte mich an die vielen glücklichen Stunden vor der Welpenkiste und beschloss, ES MUSS WEITRGEHEN !
Yella ihr erster Wurf wurde der B-Wurf, von Mr. Tipps. Aus diesem Wurf lebt Bella bei unserem Sohn Marcel, der Heute mit seiner Frau, seinen 3 Kindern, Bella, einigen Ziegen, Gänsen, Hühner und Kaninchen auf einem Resthof in der Nähe wohnt.
Die Aufzucht der Welpen verlief problemlos. Der einzige Nachteil, die Welpen folgten jedem Rad auch Fahrädern. Denn Rad hieß Rollstuhl und Rollstuhl hieß kuscheln, spielen und Futter.
Ich bin begeistert von der Colliezucht und jeder Wurf bringt wieder neue Überraschungen.
und es gab auch einige traurige Ereignisse in der Zucht aber der Blick in die Wurfkiste und vor allem dass Kuscheln mit unseren Collie´s erfreut mein Herz ständig von neuem und lässt mich manchmal sogar vergessen das ich im Rollstuhl sitze.
Inzwischen ist Yella schon 13 Jahre und erfreut sich bester Gesundheit, obwohl man ihr das Alter schon etwas ansieht.
Ihre Töchter Lady (D-Wurf) und Eika setzen unsere Linienzucht fort und mit etwas Glück werden 2007 ihre ersten Urenkel von Iljan, der in Kiel ein neues zu Hause gefunden hat, geboren.
Ich hoffe, das ich noch lange Collie´s züchten kann, aber eines weiß ich sicher, Collie´s werde ich immer haben, denn ohne sie würde mir ein großes Stück Lebensqualität fehlen.
Vielleicht haben auch Sie ja einmal das Glück und dürfen / können das im eigenen Herzen spüren.
Das wünschen ihnen die „ Collie´s vom Obersten-Wehr“